Mercedes Sprinter Sustaineer – Transporter von morgen?

von | 6. November 2023

Mercedes-Benz

Technologieträger Sprinter Sustaineer: runter mit Energieverbrauch und Emissionen, rauf mit Reinlichkeit und Schonung der Ressourcen

Mit dem edlen V6-Turbodiesel ist’s längst vorbei und künftige Transporter gibt’s nur noch elektrifiziert – Mercedes läutet eine Zeitenwende ein. Der einstige E-Pionier fährt zurzeit nicht vorneweg, einige Fabrikate bieten mehr E, mehr Vielfalt, mehr Leistungsfähigkeit. Damit die Kundschaft nicht davonrennt, trommelt Mercedes längst für den nächsten E-Sprinter 2023/2024 und lässt in die Entwicklungsküche blicken. Dort brodelt es auf dem E-Herd bereits. Der Technologieträger namens Mercedes Sprinter Sustaineer als Transporter von morgen zeigt, wie der Stromverbrauch sinkt, somit die Reichweite steigt und generell die Umweltfreundlichkeit und Effizienz ausgebaut werden kann.

Mirror Cams statt Außenspiegel

Die Stirnfläche eines geräumigen Kastenwagens lässt sich kaum verkleinern – außer es entfallen klobige Außenspiegel. Mirror Cams setzen sich bei Lkw und Omnibussen durch, beim Sprinter reduzieren sie die Fläche der Spiegelgehäuse um 80 Prozent, jene des Gesamtfahrzeugs um knapp über zwei Prozent. Hinzu kommt aufgrund der strömungsgünstigeren Form eine Verbesserung des cw-Werts um gut fünf Prozent. Wirksam wird dies vor allem außerhalb des Stadtverkehrs. Im WLTP-Zyklus kalkuliert Mercedes einen Verbrauchsvorteil von drei bis vier Prozent.

Auch weitet sich mit Kameras anstelle von Spiegelgläsern das Blickfeld deutlich, die Feineinstellung entfällt. Drinnen setzen die Mercedes-Entwickler die Monitore mit kontrastreichen OLED-Bildschirmen oben links sowie rechts neben den Innenspiegel unter die Windschutzscheiben-Oberkante, das vereinfacht den Blick zur Seite. Aber dort wird’s allmählich voll, auch verdeckt die große Konsole der Frontkamera einen Teil des Blickfelds. Sie dürfte daher künftig nach unten wandern. Unter der Sonnenblende dieses speziellen Sprinter glimmt „Daylight plus“: Eine bläuliche Lichtfläche gaukelt den Augen helles Tageslicht vor und soll Ermüdung vorbeugen.

Verglaste Doppeltür anstelle der gewohnten Schiebetür?

Nicht genug der Spiegelfechterei: Der Digital-Innenspiegel bietet einen Blick auf den rückwärtigen Verkehr auch bei beladenem Sprinter. Auf Wunsch ebenso in den Laderaum, falls dort Pakete purzeln. Die Verkleidungen des Frachtabteils bestehen aus wiederverwertbarem Material. Ein „Sidewalk Monitor“ erlaubt den Blick nach draußen, bevor der Paketfahrer beladen aus der seitlichen Laderaumtür springt – Radfahrer und Fußgänger werden es danken. An die Stelle der Schiebetür könnte die Speed Delivery Door treten, eine verglaste Doppelttür in einem Kunststoffrahmen. Sie erinnert an Stadtbustüren, öffnet von innen per Lichtschranke und knallt nach Verlassen des Transporters kräftig zu. Der Preis beträgt indes 5494 Euro (Stand 2021). Geblieben ist der arg hohe Einstieg von rund einem halben Meter Höhe für den E-Sprinter und seinen Kollegen mit Vorderradantrieb.

Integrierte Solarzellen im Dach

Nur aus der Vogelperspektive zu entdecken ist das Solardach des Sprinter Sustaineer. Dessen Module werden nicht einfach aufs Dach sowie einem Pflaster ähnlich auf die Stirn geklebt, sondern die Dachhaut wird auf einer Gesamtfläche von 4,8 Quadratmetern komplett ausgetauscht. Das erhöht den Aufwand in der Fertigung, verringert indes die Abnahmeprozedur, da die Fahrzeughöhe unverändert bleibt. Die Peakleistung der kristallinen Zellen mit einem Wirkungsgrad von knapp über 20 Prozent beläuft sich auf 850 Watt.

Für Süddeutschland hat Mercedes einen Jahresertrag von 828 kWh errechnet, gleichbedeutend mit Energie für 2500 Kilometer. In die Tagesreichweite lässt sich dies indes nicht einrechnen, denn bei Bewölkung, bei Regen, Nebel oder Schnee fehlt der Ertrag. Aber die Extraportion Energie kann Ladezeiten von E-Modellen verringern und Stromkosten senken. Unter dem dunklen Dach wird’s allerdings nicht kühler, her mit einer Isolierung für den Laderaum.

Großer Energiefresser im Winter ist die Heizung. Bisher schon gönnt Mercedes dem E-Sprinter eine Wärmepumpe. Jetzt heißt es ran an den Körper mit der Wärme. Das ist günstiger, als das gesamte Cockpit auf Wohnzimmertemperatur zu bringen, vor allem bei geöffneter Tür zum Frachtabteil. Das funktioniert mit einer Sitzheizung, auch mit einem beheizten Lenkrad, hier aus einem lederähnlichen veganen Material. Dritter Punkt könnte ein beheizter Sicherheitsgurt sein. Seine dreistufige Einstellung im Sprinter Sustaineer ist mit der Sitzheizung gekoppelt, die Temperatur angenehm, der Energiebedarf beläuft sich auf maximal 70 Watt. Abwarten, ob dies in der Praxis dem KEP-Fahrer hilft. Denn der trägt eine Jacke, da er alle paar hundert Meter aus dem Auto springt.

Haltbare und rostfreie Bremsscheiben

Sparen lässt sich auch an Emissionen, denn selbst ein E-Transporter hinterlässt Unerwünschtes. Die EU wirft ein Auge auf Einzelkomponenten, ihnen drohen mit Euro 7 womöglich Grenzwerte. Das betrifft zum Beispiel den Reifenabrieb. Probates Gegenmittel sind Leichtlaufreifen. Gegen den Abrieb der Bremsen hilft eine Keramikbeschichtung der Eisen. Sie verringert Feinstaubemissionen um 80 Prozent. Mit weiteren Vorteilen: Derlei Scheiben sind hitzefest, extrem lange haltbar und kennen keinen Rost. Ziel der Entwickler sind servicefreie Bremsen. Eine Unterbodenverkleidung, Herkunft zum Teil Hausmüll, verringert Geräuschabstrahlung und verbessert die Luftströmung.

Zwei Staubsauger reinigen die Umgebungsluft

Dann wären da der Straßenstaub und die Schmutzpartikel anderer Fahrzeuge. Dagegen können Filtersysteme helfen, wie sie Spezialist Mann + Hummel zum Beispiel an neuralgischen Punkten in der Mercedes-Hauptstadt Stuttgart aufgestellt hat. Oder Filter im Auto. Beim Mercedes Sprinter Sustaineer sitzt solch ein Filter vorne hinter dem Kühlergrill. Er nimmt Staub während der Fahrt auf und sogar während der Ladezeit, weil der Lüfter dahinter zur Kühlung der Batterie Umgebungsluft ansaugt.

Ein zweiter Filter ist vor der Hinterachse platziert. Er sammelt Partikel unterwegs ähnlich einem Staubsauger. Das erinnert, nicht nur wegen der Herkunft der Beteiligten, ein wenig an die schwäbische Kehrwoche – hier wie dort wird der Schmutz der Anderen entfernt und damit die eigene Reinlichkeit gefördert. Ebenso wie das Kehrblech – in Landessprache die Kutterschaufel – der engagierten Kehrwochenbetreiber ab und zu geleert werden muss, so auch die Filter des Mercedes Sprinter Sustaineer. Alle sechs- bis zwölf Monate ist ein Wechsel fällig, ein lästiger Nebeneffekt der Sauberkeit.

Während der Elan zur klassischen Kehrwoche im Schwäbischen an manchen Stellen sichtbar nachlässt, steht bei Transportern mehr denn je Reinlichkeit im Mittelpunkt.

NEWSLETTER

SOCIALS

BELIEBTE NEWS

BELIEBTE TESTS