Experten Fahrbericht: VW California eHybrid 4Motion
Was ist dies: Ein Elektro-Auto? Ein Allrad-Fahrzeug? Ein üppiges Alltagsmobil? Eine rollende Ferienwohnung? Der VW mit der meterlangen Typenbezeichnung ist alles. Und somit ein echtes Reise-Mobil im Wortsinn.
Draußen glüht der Asphalt. 36 Grad Celsius im Schatten. In der Sonne brodelt es. Der California VW California eHybrid 4Motion bewahrt dank Standklimatisierung einen kühlen Kopf. Muss er auch angesichts seines Technikbündels: Allradantrieb, mal variabel und mal permanent, Plug-in-Hybrid, zwei Elektromotoren, ein Benziner. Das gibt den Steuergeräten des VW viel zu denken. Klappt das bei der Hitze? Der Lack schimmert in „Energetic Orange Metallic“. Und um Energie geht’s heute auch.
Einfahrt zur Schnellstraße, reichlich Verkehr, kurzer Stopp. Bremse treten, mit dem Gasfuß den Antrieb etwas vorspannen, Bremse frei, reichlich Druck aufs Fahrpedal. Der Antritt ist zunächst vehement, dann nimmt sich der VW vornehm zurück. Zieht den Dreitonner erst mit zwei E-Motoren an beiden Achsen, dann mit einer Maschine vorn vorwärts. 85 kW leistet das Aggregat an der Vorderachse und bringt es auf 330 Nm. 100 kW und 250 Nm lauten die Daten der Maschine an der Hinterachse. Daraus resultiert beim VW California eHybrid 4Motion eine Systemleistung von 180 kW und ein Drehmoment von 350 Nm. Genug für ordentlich Wumms.
Tatsächlich? Da wäre als dritte Maschine ein kompakter Benziner. Mit 1,5 Liter Hubraum für den nicht gerade schmächtigen Campervan von überschaubarer Größe, indes mit 130 kW (177 PS) und 250 Nm nicht von schlechten Eltern. Voll feiner Technik: Turbolader mit variabler Turbinengeometrie, Hochdruckeinspritzung mit 350 bar, plasmabeschichtete und somit reibungsarme Zylinderlaufbahnen, Kolben mit eingegossenen Kühlkanälen und das hocheffiziente TSI-evo-Brennverfahren. Das bedeutet: Brennraumkühlung, Miller-Cycle mit frühem Schließen der Einlassventile, ausgeglichen durch die Aufladung. Also ran: Kickdown über den Druckpunkt hinaus, der Vierzylinder schreit mit rund 4000 Touren auf, dreht bis gut 6000 Umdrehungen, Schaltung.
Wechsel von Asphalt auf Schotter. Gleiches Spiel mit Bremse und Fahrpedal. Der Dreitonner scharrt kurz mit den Hufen, dann rennt er los. Die Kraftverteilung ist variabel. Je nach Schlupf gelangen bis zu 100 Prozent an Vorder- oder Hinterachse. Durch Wechsel des DSG-Getriebes von „D“ in „S“ kann der Fahrer für Touren abseits der Straße oder bei Schnee und Eis einen permanenten Allradantrieb aktivieren. Und wenn der Strom alle ist? Dann arbeitet der Benziner als Generator und liefert den Strom. In einen Geländewagen verwandelt sich der gut fünf Meter lange California nicht, aber Traktion zwischen Wiese und Winter, Sand und Schotter gibt’s reichlich.
Der aktuelle VW California basiert auf dem Multivan und der wiederum auf dem sogenannten modularen Querbaukasten (MQB) von VW. Einen reinen batterie-elektrischen Antrieb kann jener nicht, aber immerhin Plug-in-Hybrid. Dessen flüssigkeitsgekühlte Hochvoltbatterie unter den Vordersitzen kommt nun auf eine Kapazität von 19,7 kWh. Das genügt im WLTP-Zyklus für eine Reichweite von 84 bis 88 Kilometer, danach übernimmt der Benziner das Regiment und verbraucht bei Fahrt nach Norm um die acht Liter Super/100 km. Geladen wird an der Wallbox mit 11 kW oder an der Schnellladesäule mit maximal 50 kW:
Die Priorität im Fahrbetrieb liegt beim E-Antrieb und hier auf der Vorderachse, das spart Energie. Großes Plus: Vorder- und Hinterachse sind nicht mechanisch miteinander verbunden, sie werden separat über Steuergeräte angefahren. Das vereinfacht die Kraftverteilung zwischen den Achsen.
Der eHybrid 4 Motion bedeutet Spitzentechnik, der California Ocean das Spitzenmodell im ausgedehnten Campervan-Programm von VW. Basis Multivan bedeutet: Schiebetür auch links und somit angesichts des klassischen Grundrisses eine Kurzküche linkerhand. Auch von außen bedienbar und auf Wunsch durch eine Markise beschattet. Übriggeblieben ist ein einflammiger Kocher, für Kaffee aus der Bialetti oder die legendäre Dose Ravioli reicht das. Der Stauraum ist geschrumpft. Und wohin mit der Campingtoilette?
Aber im neuen Modell sitzt Fahrgäste hinten im Abteil bequem auf Einzelsitzen. Das Bett ist schmal, misst lediglich etwa 1,8 auf gut einen Meter. Indes hat die Liegequalität dank separater Polster auf schalenförmigen Unterlagen eine neue Qualität erreicht. Im Dachgeschoss unter dem Aufstelldach ist das Bett größer bemessen, aber nicht wirklich üppig. Ob Wassertanks oder Kühltruhe, der California entpuppt sich als Zehnkämpfer – in allen Disziplinen dabei, mehr Generalist als Spezialist. So war das schon bei der Geburt seines Urgroßvaters im Jahr 1988 und ist bis heute Teil seines Erfolgsrezepts. Und wer einen Spezialisten fürs Reise sucht, wird schließlich beim größeren Grand California auf Crafter-Basis fündig.
Ach, eine Frage noch, was kostet das Vergnügen? Mit netto 74 161 Euro (brutto 84 682) geht’s mit dem California Ocean los. Mit vollem Antriebspaket kratzt der VW California eHybrid 4Motion bereits an der Schallmauer von 100 000 Euro.
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