Wohnmobile: dramatische Krise oder Normalisierung?
Köpfe rollen, Produktions-Stillstand, Pleiten bei großen Vermietern und Händlern. Wohnmobile: dramatische Krise oder Normalisierung?
Wohnmobile auf Schleuderkurs. Branchenriese Knaus-Tabbert hat seit 18. November die Fertigung in zwei Werken im bayerischen Jandelsbrunn (Foto) und Ungarn bis zum Jahresende auf null gefahren. CEO Wolfgang Speck ist weg, bereits seit Frühjahr die Finanzchefin. Nun ist Wim de Pundert an die Spitze gerückt, Geschäftsführender Gesellschafter des größten Anteilseigners HTP Investments aus den Niederlanden. Er übernimmt in Personalunion als CFO die Position des Finanzchefs. HTP hält 41 Prozent an Knaus-Tabbert.
Knaus-Tabbert: Absatz rückläufig, Aktienkurs eingebrochen
Bereits im Sommer hatte Knaus-Tabbert die Fertigung teils heruntergefahren. Zum 30. September hatte sich der Auftragsbestand im Vergleich zum Vorjahr halbiert. Der Absatz an Wohnmobilen ging in den ersten neun Monaten um knapp 25 Prozent zurück. Um jeweils knapp 20 Prozent rückläufig war der Absatz von Campervans und Caravans. Notierte die Knaus-Tabbert-Aktie im Frühsommer dieses Jahres noch mit 38,50 Euro, so brach er im Laufe des Novembers auf einen Tiefstand von 11,50 Euro ein.
Ebenfalls spannend: Was wird aus der Premiere der neuen Marke XPerian, die Knaus-Tabbert für 2025 angekündigt hat? Wie verlautet, ist die dafür zunächst georderte Sonderfläche auf der Messe CMT in Stuttgart im Januar storniert worden.
Kritische Branchenlage trotz hoher Neuzulassungen
Konträr dazu ist das Bild der Neuzulassungen in Deutschland. Der Herstellerverband CIVD meldet für die ersten neun Monate 2024 für Caravans einen leichten Rückgang um 2,2 Prozent auf 18 339 Exemplare. Bei Wohnmobilen kletterten die Neuzulassungen sogar um 9,9 Prozent auf 63 046 Fahrzeuge. Das liegt nur wenig unter dem bisherigen Allzeit-Höchststand aus dem Jahr 2021.
Trotzdem verdüstert sich der Himmel. Hersteller melden teils drastisch rückläufige Auftragsbestände. Die Erwin-Hymer-Group tauschte jüngst die Geschäftsführung seiner Marke Bürstner aus. Dethleffs hatte bereits im Sommer Kurzarbeit angekündigt.Symptomatisch ist, ohne jede Wertung im Einzelfall, dass in diesem Jahr gleich bei mehreren großen Marken die Marketingleitung neu besetzt besetzt wurde. Es gibt Pleiten bei großen Wohnmobilvermietern und -händlern. Anzahlungen von Kunden sind weg.
Nach Corona-Jahren mit nahezu ungebremstem Wachstum gerät die Wohnmobil- und Caravan-Branche ins Schleudern. Wer in den goldenen Jahren nicht wie ein Eichhörnchen für kalte Zeiten gesammelt und vorgesorgt hat, steht angesichts rückläufiger Nachfrage, hohen Beständen, teurer Finanzierungen der Händlerflotten sowie generell gedrückter Stimmung vor einem Problem. Folgt jetzt eine Normalisierung auf solidem Niveau oder eine größere Branchenbereinigung?
