VW ID. Buzz Cargo Pro 4Motion: Experten-Test
Zwei kräftige E-Motoren. Allradantrieb. Spektakuläre Fahrleistungen. Ein verblüffend moderater Aufschlag. Der Super-Buzz. Was will man mehr? Nun, abseits des riesengroßen Fahrvergnügens fällt uns da durchaus Einiges ein.
Er ist heiß und stark wie ein Espresso. Doppio, mit zwei Motoren. Die knuffig-rundliche Karosserie des ID. Buzz fällt unverändert mit breitem Grinsen und Front-Gittergrill aus dem Rahmen. Hier eingehüllt in eine dezente Lackierung namens „Monosilber-Metallic“. Klingt gut, könnte man sich für den Morgenblick in den Spiegel merken.
Bitte einsteigen. Unterhaltungen mit der Sprachassistenz sind immer wieder erfrischend. Im ID. Buzz Cargo Pro 4Motion heißt sie Ida. Sie kommt aus Niedersachsen, also beginnen wir mal so: „Moin, wie geht es Dir?“ „Hi, ich fühle mich fabelhaft, danke der Nachfrage.“ Es folgt ein, zugegeben, eher plumper Anbandelungsversuch: „Ich mag Dich.“ Antwort: „Ich fahre am liebsten mit Dir.“ Na, dann mal los.
Hinten ein Synchronmotor mit einer Leistung von 210 kW und einem wuchtigen Drehmoment von 560 Nm. In der Mitte eine neue Lithium-Ionen-Batterie. Vorne das Merkmal des 4Motion, ein zusätzlicher Asynchronmotor mit 80 kW Leistung und 134 Nm Drehmoment. Als Systemleistung nennt VW gewaltige 250 kW, über das gemeinsame Drehmoment schweigt man sich aus. Es ist allemal genug.
Denn der beherzte Tritt aufs Fahrpedal ähnelt einem Griff in die Steckdose. Antrieb mit Tritt auf beide Pedale etwas vorspannen. Dann schnellt der 2,5 Tonnen schwere VW in knapp unter sechs Sekunden auf Tempo 100. Reißt dem Fahrer die Mundwinkel nach hinten bis zu den Ohren, stempelt das Rückgrat in die Sitzlehne. Erst bei 160 Sachen ist Schluss, VW gönnt dem Super-Buzz 15 km/h mehr Tempo als gewohnt. Generell fährt sich dieser ID. Buzz raubtierhaft leise, schnell, stets auf dem Sprung. Braucht man das alles? Nö, aber dies gilt auch für manch anderes Auto auf dem Parkplatz vom Chef oder hart arbeitenden Solo-Selbständigen.
Die Hauptlast beim Fahren ruht auf der Hinterachse. Beim Anfahren packt die Vorderachse stets mit an, das stabilisiert die feurige Fuhre. Sichert ebenfalls, unterstützt von enorm breiten Reifen, rasanten Antritt. Ganz ohne brachiale Kraftentfaltung mit schwarzen Strichen auf der Fahrbahn. Auch bei unterschiedlichem Grip links und rechts oder auf Schotter kennt der 4Motion keine Zicken. Wer zur Verzögerung die kräftige Stufe „B“ nutzt, spürt die Kraft des E-Antriebs in umgekehrter Richtung, die Rückgewinnung an Energie ist hoch, Vorteil des kräftigen Antriebs, jetzt als Generator.
Hinzu kommen eine sympathisch-straffe Abstimmung und ein guter Federungskomfort. Mit seinen breiten Walzen klebt sich der Super-Buzz intensiver als jede angeblich letzte Generation auf die Straße. Fahrwerke können sie bei VW. Allenfalls voll beladen kennt er auf Bodenwellen ein Nicken um die Querachse. Und beim Wenden – 12,5 Meter – ist der Allradler wegen des geringeren Einschlagswinkels der Vorderräder nicht so extrem behände wie seine zweiradgetriebenen Geschwister. Ein echtes Fahrerauto also, und dazu ein Nützling im gewerblichen Einsatz. Ob im Winter, auf dem Matschweg zum Windrad, zur Baustelle.
Aber der Vergnügungszuschlag? Der Mehrpreis für den Allrad beläuft sich auf nur 2140 Euro netto, inklusive Aluminiumrädern im Großformat. Klingt nach Sonderangebot, obwohl der Buzz damit über die Schwelle von 50.000 Euro netto rutscht.
Der Strom-Verbrauchswert nach WLTP klettert um fünf Prozent. Nach Praxiserfahrungen im Test sind’s eher zehn Prozent. Macht beladen je nach Strecke so 17 bis 27 kWh pro 100 Kilometer bei zügiger aber gelassener Fahrweise. Wer den VW jedoch auf freier Autobahn laufen lässt, muss mit Werten um die 40 kWh kalkulieren. Dann verdunstet die Reichweite, der heißblütige Buzz wird, eine Reserve eingerechnet, nach weniger als 200 Kilometern zur Ladesäule gerufen. Dort zieht der VW mit maximal 185 kW kräftig Strom.
Die Zeit im Ladepark lässt sich für einen Blick in den Frachtraum nutzen. Hier zeigt der ID. Buzz Cargo wie gehabt einige Schwächen. Den seitlichen Schiebetüren fehlen einige Zentimeter fürs Palettenmaß. Hinten sind die stacheligen Aufsteller nicht zeitgemäß, auch gibt es schönere Lösungen für die Scharniere der Flügeltüren.
Bei lediglich 1230 Millimeter Abstand zwischen den Radkästen muss der Staplerfahrer einen guten Tag erwischen, damit er die Europalette quer ungeschrammt hineinmanövriert. Der Antrieb im Heck hievt den Ladeboden hoch auf rund 620 Millimeter. Das alles kostet Platz, einschließlich des Rundrückens. 3,9 Kubikmeter, ein ehrlicher Wert, sind für 4,7 Meter Länge und eine konsequente E-Plattform beileibe nicht üppig.
Mit der Nutzlast ist es ebenfalls nicht weit her. Zwar hat VW die zulässige Gesamtmasse von 3,0 auf 3,15 Tonnen angehoben. Doch das frisst hier der Allradantrieb wieder auf. Ergebnis sind rund 600 Kilo für Fahrer und Fracht, für einen Transporter etwas peinlich. Auch die knappen Achslastreserven unterstreichen die Grenzen des Konzepts.
Die positiven Seiten seien nicht verschwiegen. Das Fach fürs Ladekabel hinter der Schiebetür, oben die starke LED-Beleuchtung, unten der markentypisch stabile Boden mit stabilen Zurrösen und Airlineschienen als Ladungssicherung. Im Fall des Testwagens auch seitlich mit einer Handvoll Stautaschen. Dazu darf der 4Motion 1,8 Tonnen ziehen.
Weiter vorn blickt der Fahrer auf das typische VW-Mäusekino mit kleinen Anzeigen, er kommandiert die Fahrtrichtung per Bedienknubbel. Decken wir den Mantel des Schweigens über die immer noch verirrte Bedienung wesentlicher Funktionen per Touchscreen, auch die flutschigen Touchflächen des Multifunktionslenkrads. Anderes überzeugt: die extrem leise Gangart trotz Zusatzmotor, die Ablagen, Steckdosen aller Art. Verblüffend indes, dass VW die üblichen Vorzüge der Doppelsitzbank nicht nutzt: Ausbildung der Polsterung als Einzelsitze, innere Rückenlehne vorgeklappt als Tisch? Fehlanzeige. Und die Sicht ist so lala, das weit vorgezogene Dach hindert den Blick auf Ampeln, der rechte Spiegel hinterlässt einen toten Winkel.
Ist halt so, der ID. Buzz Cargo ist zwar rund geformt, aber in seinem Charakter ein Transporter mit Ecken und Kanten. Man kann’s auch so sehen: Der ID. Buzz Cargo Pro 4Motion ist für einen Transporter extrem sportlich. Und für einen Sportwagen enorm nützlich.
Hier gibt’s weitere Infos zum VW ID. Buzz und dessen Cargo-Variante:
VW ID. Buzz Cargo: günstigerer Einstieg und Allradantrieb
Experten-Fahrbericht: VW ID. Buzz Pro und ID. Buzz GTX
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