Experten-Fahrbericht: Nissan Interstar-e

von | 20. Februar 2025

Er ist ein Zwilling des Renault Master und geht mit Top-Performance an den Start. Experten-Fahrbericht: Nissan Interstar-e.
Nissan

Kraftvoller Auftritt: Der stämmige Nissan ist das Gesicht in der Transporter-Menge.

Das Geflecht von Marken und Modellen bei Transportern hat es in sich. Wer mit wem antritt, in welcher Tiefe und in welcher Besetzung, das ist abendfüllend. Aber es gibt Konstanten. Seit rund einem Vierteljahrhundert lehnt sich Nissan eng an den Kooperationspartner Renault an. Bisher jedenfalls, denn ob der künftige Renault Trafic auch als Nissan Primastar antritt, muss sich erst zeigen. Anders beim großen Kaliber. Der ganz alte, der alte und der ganz neue Nissan Interstar – zwischendrin mal nüchtern NV400 getauft – ist ein treffliches Beispiel für die Zusammenarbeit. Grill und Scheinwerfer unterscheiden sich vom Bruder, etwas Individualität muss sein. Und ansonsten?

Der E-Antrieb: souverän, doch ohne Übermut

Hier fährt der neue Interstar als Elektriker, und das ist neu. Für diese Modellgeneration und für den größten Nissan-Transporter sowieso. 105 kW Leistung und 300 Nm Drehmoment klingen in Zeiten teils überschäumender E-Maschinen auf Anhieb nicht gerade mitreißend. Doch das vorne angeordnete Elektrotriebwerk macht einen guten Job. Reagiert spontan aufs Fahrpedal und treibt den großen Transporter praxisgerecht bis auf 120 Sachen.

Schlängelt sich zuvor durch die Altstadt. Bläst bei der kräftigen Steigung nach dem Ortsausgang zur Attacke. Beschleunigt dabei kraftvoll, indes nicht übermotiviert. So hat man’s gerne, souverän, doch ohne Krawall und Übermut. Wobei derlei Getue ohnehin nicht Sache des vollelektrisch angetriebenen Nissan Interstar-e ist. Er strengt sich zwar an, pfeift aber dabei aber gelassen und dezent sein E-Liedchen.

Günstige Aerodynamik senkt den Stromverbrauch

Unter dem Bauch lagert ein Lithium-Ionen-Akku. Mit 87 kWh Nennkapazität ist er recht kräftig gebaut. Aufgeladen wird mit maximal 130 kW, gleich Durchschnitt. Als Verbrauch nennt Nissan einen kombinierten WLTP-Wert von 25,0 bis 26,2 kWh, das ist prima für einen stämmigen 3,5-Tonner.Ein knausriger Umhang des Interstar mit Kraftstoff aller Art mutet glaubwürdig an, haben die Entwickler der neuen Fahrzeuggeneration doch großen Wert auf Aerodynamik gelegt. Zwar nennt Nissan keinen cw-Wert. Aber die schräge Windschutzscheibe, Details wie seitliche Schlitze im Stoßfänger als Luftführung, das leicht gewölbte Dach und die hinten dezent eingezogenen Seitenwände sprechen für einen vergleichsweise niedrigen Luftwiderstand – der Interstar flutscht durch den Wind wie die Seife durch die Badewanne.

Da setzt der stattliche Nissan trotz seiner bulligen Nase mit selbstbewusstem Modellschriftzug also Zeichen, Diese Modernität lässt er beim Betreten des Fahrerhauses zunächst vergessen. Sind die schwer-wuchtigen Türen zugefallen, entdecken Fahrer das Zündschloss, obwohl bei E-Transportern nichts mehr zündet. Und zwischen den Sitzen steckt nach alter Väter Sitte ein Handbremshebel. Angesichts des herausragend konstruierten Cockpits irritierend.

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Cockpit-Atmosphäre: Die Mittelkonsole neigt sich höflich Richtung Fahrer, einfache Bedienung.

Ein Cockpit ganz nach Wunsch des Fahrers

Ist die Armaturenanlage doch die derzeit wohl fahrerfreundlichste Variante aller großer Transporter. Da wäre der Hebel für die Fahrtrichtung gleich hinter dem zweifach verstellbaren Lenkrad. Eine freundlich zum Fahrer geneigte Mittelkonsole inklusive Monitor mit perfekter Sicht- plus Erreichbarkeit. Unmittelbar darunter liegen drei handfeste Drehregler zur Einstellung der Klimatisierung. Rundum gibt es zahlreiche Ablagen, dazu die umklappbare Lehne des Mittelsitzes mit Tisch und Fach für den Laptop. Schließlich können sich im Nissan auch großgewachsene Fahrer strecken und es sich auf einem bequemen Sitz gemütlich machen. Ja, der mittlere Sitz ist angesichts der weit herausgezogenen Mittelkonsole eher ein Notbehelf. Insgesamt ist der Nissan Interstar sehr nahe dran an Fahrers Traum.

Zumal auch das Fahrwerk von der zielgenauen und gut unterstützten Lenkung bis zu einer recht angenehmen Federung einen guten Eindruck hinterlässt. Jedenfalls teilbeladen wie beim Testwagen, unterstützt von der gewichtigen Batterie im Untergrund. Und alles abgeschmeckt mit einer sehr rasch auf den Pedaldruck reagierenden neuen Bremsanlage.

Zahlen bitte: breite Schiebetür, vergleichsweise günstige Nutzlast

Weiter hinten geht es mit einem ansehnlichen Frachtraum weiter. Könner unter den Staplerfahrern zirkeln eine Europalette quer durch die auf einsdreißig verbreiterte Schiebetür. Auf Basis der Maximalmaße nennt Nissan schon für die kompakte Ausführung – kurz L2H2 – ein Volumen von 10,8 Kubikmetern. Das ist recht günstig, Vorteil der kurzen stumpfen Nase des Transporters.

Das Gewicht verlangt wie bei jedem E-Transporter besonderes Augenmerk. Hier liegt es laut Datenblatt mit 2,4 Tonnen vergleichsweise niedrig, macht 1,1 Tonnen für Fahrer und Fracht. Nicht genug? Der Interstar-e darf zwei Tonnen ziehen. Oder wie wär’s mit einer gewichtigeren Variante bis 4,0 Tonnen zulässige Gesamtmasse? Weitere Zahlen: Nissan nennt mit der großen Batterie einen Einstandspreis von netto 53 380 Euro sowie Wartungsintervalle von zwei Jahren oder 30 000 Kilometer, dazu die markentypische Vollgarantie von fünf Jahren oder 160 000 Kilometer, für die Batterie sind’s acht Jahre. Alles ähnlich wie beim Zwilling, die lange Garantie mal ausgenommen. So ist das bei Geschwistern, man will sich schließlich unterscheiden.

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