Experten-Fahrbericht: Der neue Ford Transit Courier – mit Puma-Genen

von | 17. Januar 2024

Der neue Ford Transit Courier kann viel mehr als sein Vorgänger. Und ist als Mini-Lieferwagen fast einzigartig.
Randolf Unruh

Bulliger Auftritt: Der neue Transit Courier wirkt größer, als er in der Realität ist.

Er sieht größer aus, als er ist. Er wirkt drinnen fast üppiger als draußen. Der neue Ford Transit Courier trägt außerdem in sich die Gene eines Pumas: Basiert er doch auf der Plattform des schmucken Kompakt-SUV Ford Puma und rollt in Rumänien aus dem gleichen Werk und vom gleichen Band. Der Puma wird, so weiß es Wikipedia, den Kleinkatzen zugeordnet, Ähnliches trifft auf den kompakten Transit Courier zu.

Außen scheint der Transit Courier mit seinem massiven Grill und glühenden Auggen angriffslustig die Zähne zu fletschen, etwas Puma muss sein. Indes wirkt die Front mit hoher Nase und kantigen Formen weniger geschmeidig als die Raubkatze. Eher stämmig und breitschultrig wie frisch wie ein Bodybuilder aus dem Fitness-Studio. Dazu bläst der Ford die Backen auf und trägt oben mit getönten A-Säulen eine Optik wie ein Helmvisier. Bei aller Kantigkeit fährt hier jedoch kein simpler Klotz vor. Das zeigen Luftdurchführungen unten seitlich im Stoßfänger, abgedeckte Führungen der Schiebetür oder Abreißkanten seitlich und oben am Heck. Insgesamt wirkt er deutlich markanter als der etwas größere Transit Connect.

Randolf Unruh

Steiles Heck: Die kastenförmige Karosserie schluckt reichlich Fracht.

Günstiger Einstandspreis, kompakte Karosseriemaße, individueller Auftritt

Der neue Transit Courier siedelt sich unterhalb seines Markenbruders an. Ist kürzer, einfacher und voraussichtlich mit einem Einstandspreis von netto 18 550 Euro erheblich günstiger als der Transit Connect. Für ihn gibt es noch keinen Preis, aber das Parallelmodell VW Caddy Cargo bietet mit netto 23 340 Euro eine gute Orientierung.

Mit einer Länge von nur 4,34 Metern verweigert sich der neue Transit Courier dem gewohnten Trend zu immer üppigeren Lieferwagen. Stimmt, er ist knapp 20 Zentimeter länger als der Vorgänger. Aber doch spürbar kürzer als seine zahlreichen Wettbewerber. Während jene durch diverse Verflechtungen und Kooperationen inzwischen vielfach austauschbar erscheinen, ist der Transit Courier von eigenständigem Charakter. Er ist Ford pur, nicht nur im markanten Auftritt.

Ansehnlicher Laderaum plus Verlängerung, angemessene Nutzlast

Auch schleppt der Transit Courier ordentlich was weg. Der Laderaum misst in der Länge 1,8 Meter. Und dehnt sich mit Katzenklappe unter dem Beifahrersitz auf 2,67 Meter für Langmaterial. Das Volumen beläuft sich auf 2,9 Kubikmeter. Zwischen den Radkästen schieben die Könner unter den Staplerfahrern, dank 1,22 Meter Abstand, eine Europalette auch quer hindurch. Und dank des nahezu senkrechten Hecks sollten tatsächlich zwei befrachtete Ladungsträger hineinpassen.

Beim Beladen gilt es, die Nutzlast im Blick zu behalten. Zwar schultert der Transit Courier je nach Ausführung bis zu 680 oder mit Auflastung sogar 845 Kilogramm. Steckt da etwa noch das Fahrergewicht drin? Jedenfalls schnurrte die Zuladung der leichteren Variante als Testwagen bei großzügiger Ausstattung schnell auf gut 500 Kilo zusammen. Ausweg bietet ein Anhänger, je nach Motorisierung zieht der Ford bis zu 1100 Kilo.

Randolf Unruh

Praktische Lösung: Anstelle der Kiste würden auch ein oder zwei Europaletten quer ins Heck passen.

Drei Motor- und zwei Getriebevarianten stehen zur Wahl

Unter der hohen Motorhaube des bulligen Transit Courier steckt als Einstiegsmotorisierung der allseits bekannte Ecoboost-Benziner mit einem Liter Hubraum und 74 kW (100 PS). Netto gut einen Tausender mehr kostet die stärkere Ausführung mit 92 kW (125 PS), eine lohnenswerte Investition bei höheren Anforderungen an Gewichte und Strecken. Der Benziner arbeitet zwar vernehmlich und entwickelt bei höheren Drehzahlen den Klang eines wildgewordenen Kühlschranks, passt aber gut zum Transit Courier. Wer sich etwas gönnt, wählt dazu ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Mit einem Mehrpreis von netto 2000 Euro passt diese Art der Automatik indes nicht so recht zum Sparcharakter des Ford.

Als weitere Antriebsvariante steht ein Diesel mit 1,5 Liter Hubraum zur Wahl. Technisch ein feines Ding mit Aluminium-Motorblock, und befeuert von einem elektronisch angesteuerten Turbolader mit variabler Geometrie. Der Diesel bringt es ebenfalls auf 74 kW (100 PS) und überzeugt mit vergleichsweise sympathischer Laufruhe und hoher Durchzugskraft – ein gewisses Drehzahlniveau vorausgesetzt. Die Fahrleistungen sind subjektiv angemessen bis gut. Und passen zu den Puma-Genen: Der, so heißt es, sei zwar in der Lage, auf kurzen Strecken schnell zu laufen, nutzt diese Fähigkeit jedoch nur selten. Im Zulauf ist außerdem der E-Transit Courier, bestellbar im Laufe des Jahres, geliefert dann 2025.

Angenehmes Raumgefühl, typische Instrumentierung, sympathisches Fahrwerk

Dies alles regiert der Fahrer des Transit Courier aus einem Cockpit mit angemessenem Platz. Dank der weit nach vorn gezogenen Windschutzscheibe ist das Raumgefühl sogar fast weitläufig. Auch die Optik der Armaturentafel mit Querorientierung stimmt. Die Materialqualität ist schlicht, wer es edler haben will, der wird zum teureren Transit Connect greifen. Der Fahrersitz drückt Großgewachsene ein wenig im Schulterbereich, man kennt’s vom größeren Transit Custom. Von ihm übernimmt der Transit Courier die etwas verschrobene Digital-Instrumentierung mit dem nahezu ungenießbaren Drehzahlmesser in Säulenform. Viel sympathischer eingefasst als beim großen Bruder ist der Acht-Zoll-Monitor in der Mitte. Aber wehe dem, der sich während der Fahrt der Klimatisierung widmen will – der entsprechende Menüpunkt ist denkbar vollgestopft. Gestartet wird per Knopfdruck, die Handbremse funktioniert mechanisch – es gibt Wichtigeres.

Zum Beispiel das ansprechende Fahrwerk des Transit Courier. Da ist er wieder, der Puma, der zumindest teilbeladen angenehm federt. Schließlich steckt unter seinem Hinterteil eine Verbundlenkerachse mit Schraubenfedern. Und da die Lenkung markentypisch präzise und mit der passenden Kraftunterstützung arbeitet, vermittelt der Ford sogar Fahrvergnügen, wenn er durch die City wedelt. Dabei unterstützt der Blick in große Außenspiegel, rechts ergänzt durch ein Weitwinkelfeld. Unterstützend packen reichlich Assistenzsysteme zu, mal serienmäßig, mal gegen Aufpreis. Der Puma gilt als Einzelgänger – Ford hätte sicher nichts dagegen, würde sich dies beim neuen Transit Courier ganz anders entwickeln.

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Randolf Unruh

Genug Platz: Hier kommen auch Langbeiner ordentlich unter, mäßige Sitze.

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