Der Bulli-Bestseller geht in Rente: Aus für VW T5/T6/T6.1
Anfang Juli war’s vorbei – in Hannover sowie im Partnerwerk Posen/Poznan endete die Fertigung des VW T6.1. Der Bulli-Bestseller geht in Rente.
Da schaut dann auch die Chefetage vorbei, angeführt von Carsten Intra: Volkswagen Nutzfahrzeuge hat im Stammwerk Hannover den VW T6.1 verabschiedet. Jetzt konzentriert sich die Fabrik auf ID. Buzz und dessen Cargo-Variante sowie den Multivan. Die Ära des VW Transporter in der bisherigen Form neigt sich damit dem Ende zu. Der Nachfolger wird Mitte September auf der IAA Transportation präsentiert. Er wurde unter der Federführung von Ford entwickelt und wird ebenfalls von Ford in der Türkei gefertigt. Der VW T6.1 und seine unmittelbaren Vorläufer haben eine atemberaubende Karriere zurückgelegt. Zwar teilt VW den letzten klassischen eigenen Transporter in die drei aufeinanderfolgenden Baureihen T5, T6 und T6.1. Doch man darf sie getrost zusammenfassen. Gemeinsam sind sie vielleicht sogar der erfolgreichste Transporter der Welt.
Für den T5 zieht VW alle Register – ein großer Wurf
Rückblende: Rundum neue Transporter sind selten. Dieser hier ist es im Frühjahr 2003. Nach Art des Hauses sachlich geformt und dazu stämmig gestaltet läutet der VW T5 nach dem drahtigen VW T4 eine neue Ära ein. Der damalige VWN-Chef Bernd Wiedemann, Entwicklungs-Chef Erwin Pape und ihre Mitstreiter haben alle Register gezogen. Das betrifft sowohl den sachlichen Transporter als auch den feinen Multivan. Und ebenfalls den Campervan California, den VW nun erstmals in eigener Regie entwickelt und fertigt. Der T5 ist ein großer Wurf. Alles auf Basis einer gemeinsamen Platttform und einer identischen Karosserie. Vermutlich hat sich damals niemand träumen lassen, dass der T5 zusammen mit seinen Nachfolgegenerationen das biblische Alter von 21 Jahren erreichen wird. Und dass er der Letzte seiner Art sein wird.
2009 folgt ein erstes Facelift. Der T5 legt das Smiley-Gesicht ab und schaut energischer in die Transporterwelt. Gleichzeitig hält eine komplett neue Motorenfamilie Einzug. Aus ist’s mit dem technisch aufwendigen, aber nicht immer lebenstüchtigen Fünfzylinder-TDI, Schluss mit den kernigen Pumpe-Düse-Dieseln. VW fertigt vom T5 insgesamt rund zwei Millionen Exemplare, darunter gut eine Viertelmillion aus dem Werk in Posen/Poznan.
T6, T6.1 und der Schlusspunkt wegen gesetzlicher Auflagen
Neues Gesicht, neues Cockpit, belastbarere Dieselmotoren, neue Assistenzsysteme – im Jahr 2015 wertet VW den Transporter umfassend auf und verleiht ihm den Titel T6. Blechkleid, Scheiben, Laderaummaße, Radstände, wesentliche Teile der Struktur, all das bleibt jedoch. Der Neue ist also gleichzeitig ganz der Alte. Und vielleicht auch deshalb wieder ein Erfolg: In vier Jahren laufen 860 000 T6 in allen Varianten von den Bändern. Vor allem in Hannover, aber auch wieder in Posen/Poznan.
Bis zur nächsten Evolutionsstufe, dem Transporter T6.1 im Jahr 2019. Jetzt wird der Bulli richtig bullig, jedenfalls das Gesicht mit dicken Backen. Gab es beim T6 zwei Cockpits – funktionell für den Transporter, schick für Multivan und California – so werden sie nun zu einer neuen Armaturentafel vereinigt. Je nach Variante mit digitalen und konfigurierbaren Instrumenten. VW sortiert die Motoren neu, es gibt eine elektromechanische Lenkung, Voraussetzung für weitere Assistenzsysteme. Der Erfolg sind rund 700 000 Einheiten, davon 180 000 aus Posen/Poznan, bis zum Schlussakkord. Zwischenzeitlich gebremst von den sattsam bekannten weltweiten Lieferproblemen. Am Schlusstag Anfang Juli ist die Fertigung längst ausverkauft, gibt es nur noch Restbestände beim Händler. Auch jetzt noch, zum Beispiel vom California. Die weiteren EU-Vorgaben für Assistenzsysteme und Cybersicherheit ab Sommer 2024 läuten unweigerlich das Ende des T6.1 ein, da kann der VW Transporter nach rund 3,5 Millionen Exemplaren T5, T6 und T6.1 nicht mehr mithalten.
Aus eins mach drei heißt nun die Devise. 74 Jahre lang deckte VW alle Ansprüche vom Handwerker über den feinen Van für Solvente bis zum Campervan sämtliche Ansprüche über sämtliche Generationen hinweg mit jeweils einem Fahrzeug ab, dem klassenlosen Bulli. Nun stehen drei Fahrzeuge nebeneinander, die außer dem Markennamen technisch nichts, optisch manches und in der Bedienung einiges verbindet:. Der Multivan, der vollelektrische ID. Buzz/Buzz Cargo und der Transporter. Über dessen Abstammung bei allen Qualitäten so mancher bei VW nicht glücklich ist. Doch die damaligen Entscheider sitzen längst auf anderen Stühlen, oder haben außerhalb Stehplätze eingenommen. VW hat in den vergangenen Wochen in Hannover die Fertigung komplett umgestellt. Der Bulli-Bestseller geht in Rente. Was bleibt, das ist fürs Lagerfeuer die Story eines Transporters, der 21 Jahre lang der Maßstab seiner Klasse war. Stoff für Legenden, wie bei allen seinen Vorgängern.
Und hier geht’s zum letzten Test:
Experten-Test: VW Transporter T6.1
Das kann der vollelektrische ID. Buzz:
Experten-Test: VW ID. Buzz Cargo
Experten-Fahrbericht: VW ID. Buzz Pro und ID. Buzz GTX