Leseprobe
Nachwuchs bei Renault: Mikro-Transporter Mobilize Bento

von | 13. November 2024

Spielzeugauto? Von wegen: Dieser Lieferzwerg kann viel mehr. Nachwuchs bei Renault: Mikro-Transporter Mobilize Bento. Experten-Fahrbericht.
Randolf Unruh

Zwerg mit Rucksack: Trotzig schiebt der Mobilize Bento die Unterlippe vor und schleppt überraschend viel Fracht.

Die große Bento-Show beginnt bereits beim Einsteigen. Wenn der Fahrer den Entriegelungsknopf drückt und die Türen scherenartig nach vorne öffnet. Ein Hauch von Lamborghini-Supersportwagen im Mikro-Transporter. Für einen Bruchteil des Preises. Die Rede ist vom neuen Mobilize Bento, einem elektrisch angetriebenen Mikro-Lieferwagen aus dem Renault-Kosmos. Mobilize ist als Tochtermarke für allerhand E-Themen und den automobilen Nachwuchs im Konzern zuständig, für Leichtfahrzeuge der Klasse L7e wie den Bento.

Mobilize

Bitte einsteigen: Die Flügeltüren öffnen scherenartig nach vorn wie bei einem Lambo-Supersportwagen.

650 Liter Volumen im Kofferaufbau – ist doch was

Für Autofahrer gibt es den Mobilize Duo mit zwei Sitzen hintereinander. Für Transport, Handwerk und Gewerbe den Einsitzer Mobilize Bento mit einer Art Kofferaufbau. Der Einsitzer hat was, das wird am Steuer schnell deutlich. Munter wieselt der Zwerg durch die City. Wirft sich in die Kurven. wechselt flott die Fahrspuren, von denen er mit lediglich einsdreißg Breite ohnehin nur die Hälfte beansprucht. Sticht im Großstadtverkehr wie ein Insekt zu. Blickt giftig durch schmale LED-Scheinwerfer.

Kann man über den Sinn des Mobilize Duo lange nachdenken, so erschließt er sich beim Bento fix – er schlägt im professionellen Einsatz das E-Lastenrad. Mit lediglich 2,54 Meter Länge findet der Kleine immer eine Lücke, parkt bei Bedarf auch mal quer ein. Und er steckt was weg: Rund 650 Liter misst der Stauraum im Heck. Das genügt für einen kompakten Werkzeugsatz, der bis zu 60 Kilogramm wiegen darf. Oder in Verbindung mit einer isolierten Auskleidung für temperaturempfindliches Gut. Falls der Platz nicht reicht, gibt es einen weiteren Stauraum links und rechts vom Fahrersitz sowie ein großes Fach dahinter.

Der Bento kann viel mehr als der Twizy Cargo

Wer an winzige Stromer aus der Renault-Welt denkt, dem fällt der freche Twizy ein. Auch ihn gab’s als Cargo mit Rucksack für Ladung. Indes kann der Bento alles besser als sein Vorgänger. Er verfügt über eine komplette lichtdurchflutete Karosserie mit richtigen Radhäusern. Über Klappfenster wie einst die Ente, eine Sitzheizung und eine beheizte Windschutzscheibe. Dazu einen Front-Airbag. Auf Wunsch kühlt eine Klimaanlage die üppig verglaste Kabine. Im Sockel unter dem Einzelsitz steckt eine Batterie mit 10,3 kWh nutzbarer Kapazität. Sie speist einen Elektromotor mit einer Leistung von 17 kW Leistung im Bereich der Hinterachse – ein flotter Feger.

Die Verpackung besteht aus Kunststoff. Stoßfänger und Radläufe sind vorne wie hinten identisch und in unempfindlichem Schwarz gehalten. Für weitere Elemente stehen fünf Farben zur Wahl. Fast die Hälfte der Bento-Teile sind aus recyceltem Material und 95 Prozent der Teil sollen wiederverwendet werden. Wer weiß, vielleicht war der Bento einst eine geschredderte Gartenbank und verwandelt sich im nächsten Leben wieder in eine.

Randolf Unruh

Einsitzer mit spärlich gepolsterter Sitzschale und fröhlichem Armaturenklotz in Wagenfarbe.

Komfort ist nicht vorgesehen, aber die Bedienung einfac

Unter der eigenwillig-futuristischen Karosserie des Bento steckt recht anspruchsvolle Technik: Scheibenbremsen rundum, 13-Zoll-Räder sowie ein Fahrwerk mit Federbeinen. Was indes nicht zum Trugschluss verführen sollte, der Lieferzwerg hätte auch nur die Andeutung von Fahrkomfort. Der Bento hoppelt nahezu ungefiltert über Bodenunebenheiten, schüttelt seinen Fahrer ordentlich durch. Der hat auf seiner zurückhaltend gepolsterten Sitzschale nur wenig Platz. Viel mehr als einsachtzig sollte er nicht messen, sonst gibt’s Kontakt mit dem – zum Glück gepolsterten – Dach. Und auch die Längsverstellung ist eingeschränkt. Ergibt insgesamt eine Art formschlüssige Ladungssicherung.

Aber die mittige Sitzposition passt auf Anhieb. Vor sich hat der Bento-Steuermann einen kompakten Armaturenklotz in Wagenfarbe. Links reiht sich eine Handvoll großer Schalter auf, bedienbar zur Not auch mit Fausthandschuhen. Dazu kommen ebenfalls große Digitalanzeigen für alle relevanten Funktionen. Automobilen Feinschliff wird man vergebens suchen, die Materialien sind einfach, der Antrieb pfeift kräftig, der weit vorn angesiedelte Handbremshebel rechterhand wirkt vorgestrig. Und schlicht untauglich sind die mickrigen Fühler-Außenspiegel.

Enorm wendig, und verblüffend günstig

Was soll’s, der Bento erhebt keinen Anspruch auf automobile Feinkost. Er ist klein, mit einem Wendekreis von 6,8 Metern extrem handlich, verblüffend nützlich. Läuft 80 Sachen und sein Fahrer hat ein Dach über dem Kopf. Der Mobilize Bento fährt also in jeder Beziehung E-Lastenrädern davon. Und er ist günstig: Zum Redaktionsschluss war der Preis für Deutschland noch nicht bekannt, doch in Frankreich geht der Bento für netto 10 000 Euro über die Ladentheke. Oder er huscht einfach frech unter ihr hindurch.

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