Experten-Probefahrt: Maxus T90 EV, der erste vollelektrische Pick-up

von | 1. November 2023

Markige Optik, leise Fahrt – der erste vollelektrisch angetriebene Pick-up in Deutschland heißt Maxus T90 EV und kommt aus China. Eine vollwertige Alternative zu starken Verbrennern?
Maxus

Blickt ein wenig grimmig drein: der neue Toyota Proace Max.

Ob Männer vom Bau oder handfeste Kerle mit großkarierten Hemden, Basecap und Stiefeln: Sie alle mögen kernige Pick-ups. Gerne als vielseitige Doppelkabine zum wechselseitigen Transport von Menschen und Material. Oder für teures Werkzeug gut geschützt im Fond hinter Schloss und Riegel. So ein Pick-up darf durchaus ein Kraftprotz sein, mit viel Zugkraft und hoher Anhängelast. Aber wie wär’s in diesen Zeiten des Umbruchs mit einem elektrisch angetriebenen Arbeitstier? Jedoch, die einschlägigen Hersteller schicken Interessenten mangels Angebot wieder vom Hof. In die Bresche fährt der chinesische Hersteller Maxus mit dem T90 EV.

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Neugründung: Der Maxus T90 EV öffnet die Pick-up-Szene für Elektroantrieb.

Der wuchtige Maxus T 90 EV macht was her

Es kommt auf die Perspektive an: Je nach Blickwinkel zeigt der wuchtige Maxus T90 EV eigenwillige Proportionen. So wirkt er mit seiner bulligen und verchromten Nase in kräftiger Gulli-Optik vorn etwas überladen. Auch das Heck des Maxus macht was her, die breite schwarze Kunststoffplakette ist fein in Rot eingefasst, das hat man heute auch gern bei Nobelfabrikaten mit Elektroantrieb.
Motorhaube? Der Blick unter den mächtigen Frontdeckel überrascht: Dort thront keine E-Maschine, dort ducken sich elektrische Komponenten, vom Motor ist weit und breit sowie auch tief nichts zu sehen. Er dockt unmittelbar an der angetriebenen Hinterachse an. Ursprünglich war der Platz in der ersten Reihe für einen großen Diesel vorgesehen. Jetzt aber dreht der Maxus europäischen Anbietern die kräftig geformte Nase, der erste serienmäßige E-Pick-up kommt aus Fernost.
Die Maximalleistung seiner E-Maschine beläuft sich auf 130 kW, das Drehmoment auf 310 Nm. Wer will, wählt zwischen drei Fahrmodi. Egal welche Einstellung, stets stiebt der wuchtige Pickup beim Tritt aufs Fahrpedal vehement davon. Während Verbrenner-Pickups meist eher gemächlich Fahrt aufnehmen. Dabei wiegt der wuchtige Maxus mitsamt Fahrer immerhin rund 2,4 Tonnen. Bleibt bis zur zulässigen Gesamtmasse eine Nutzlast von 900 Kilo.

Klassisches Format, angenehmes Interieur

Mit knapp 5,4 Meter Länge hat der Maxus T90 EV das klassische Format mittelgroßer Pick-ups. Und ist doch ganz anders. Gestartet wird per Zündschlüssel, obwohl hier nichts mehr zündet. Die Armaturen zeigen mit Tacho und Powermeter als beherrschenden Instrumenten einen gewohnten Zuschnitt, Anzeigen für den Stromvorrat, für Reichweite und anderes mehr komplettieren das Bild. Mittschiffs thront ein großer Bildschirm. Für wesentliche Bedienelemente gibt es klassische Drucktasten und Drehregler, der Fortschritt hat – kein Fehler – auch Grenzen. Der Wagenlenker wählt die Fahrtrichtung bequem über einen Drehregler. Doch Vorsicht, die Parkstellung fehlt, das übernimmt die herkömmliche Handbremse.
Das Ambiente ist durchaus angenehm – reichlich Platz in der ersten und zweiten Reihe, dazu eine angemessene Materialqualität in guter Verarbeitung. Die Sitze mit schicker roter Absteppung sehen nach Leder aus. Die Fahrernase aber erschnuppert Kunstleder. Einzige Sonderausstattung des T 90 EV ist Metalliclack, ansonsten ist mit Klimaanlage, Leichtmetallrädern, elektrisch verstellbaren Sitzen und einer überschaubaren Zahl von Assistenzsystemen alles an Bord, was man so braucht. Macht dann an der Kasse netto 54 990 Euro, ein Billigheimer ist der Maxus also nicht.

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Acht Schaltstufen, drei Fahrstufen: manuelle Eingriffe möglich, aber nicht nötig.

Weder Zugmaschine noch Geländegänger

Und wie ist es um die Schaffenskraft des Maxus T90 EV bestellt? Zwar warten oben auf der Pritsche vier kräftig ausgebildete Zurrösen auf Fracht, eine Europalette aber passt nur längs zwischen die Radkästen auf die annähernd quadratische Ladefläche. Ihre Maximalmaße lauten 1,49 x 1,51 Meter. Ein robuster Kunststoffbelag schützt den Boden vor Schrammen und Schrunden im rauen gewerblichen Einsatz. Im Vergleich zu Verbrenner-Kollegen eher mau ist die Anhängelast von gebremst einer Tonne. Auch begrenzt Maxus das zulässige Zuggesamtgewicht auf vier Tonnen. Zugfahrzeug und Anhänger zugleich vollpacken funktioniert also nicht.
Wenn das Areal mal ruppiger ausfällt, schützen stabile Trittleisten die Weichteile der Flanken. Allzu fordernd sollte der Untergrund aber nicht ausfallen. Zwar steht auf den Reifen die Bezeichnung „4×4“, aber der Antrieb gibt nur 4×2 her – Gelände ist nicht, dort macht der Maxus seiner Bezeichnung wenig Ehre. Halb so schlimm, der T90 EV kann ja trotzdem eine Menge. Und wenn das knochentrockene Fahrwerk des Pick-ups auch nur halbwegs hält was es verspricht, dann zählt der Maxus auch abseits gebügelter Straßen zu den unverwüstlichen Gesellen. Der Fahrer jedenfalls fürchtet bei Schlaglöchern um Zahngold und Bandscheiben.

Große Batterie, mäßige Ladeleistung

Die Höchstgeschwindigkeit des Elektrikers ist auf 120 Sachen limitiert. Das schont den Stromhaushalt und ist für einen Pickup kein echter Nachteil. Die üppige Batteriekapazität von 89 kWh genügt allemal für klassischen Einsätze von Baustelle zu Baustelle plus Umweg zum Materialeinkauf und einen Abstecher zwischendrin in den Betrieb. Dort schlürft der Maxus Strom aus der Wallbox. Und falls ihm zwischendrin der Saft ausgeht, lädt er an der Schnellladesäule mit 80 kW. Sonderlich fix ist das nicht. Genügt aber für ein paar Extra-Kilometer mit dem ersten vollelektrisch angetriebenen Pick-up. Den es – kurios – in Deutschland bei zwei unterschiedlichen Importeuren gibt.

Maxus hat auch elektrisch angetriebene Transporter im Angebot: Experten-Probefahrt: Maxus eDeliver 3 und eDeliver 9
Jüngster Neuzugang in der Maxus-Flotte ist ein elektrisch angetriebener 7,5-Tonner: Maxus EH300: neuer elektrisch angetriebener Leicht-Lkw aus China
Der Importeur setzt ebenfalls auf Aufbauten: Maxus forciert Auf- und Ausbauten

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