Neuer VW Transporter: alle Daten, alle Fakten
Alles neu, alles anders – VW bricht beim neuen Transporter mit sämtlichen Konventionen. Die klassischen Bulli-Fans werden mit ihm Probleme haben. Wie bei nahezu jedem großen Modellwechsel. Mal abgesehen 1967 beim Schritt vom längst veralteten Ur-Bulli T1 zum deutlich moderneren T2. Aber 1989 vom T2 zu T3: zu groß. 1990 vom T3 zu T4: Motor von hinten nach vorn, prompt zu eng. 2003 vom T4 zu T5: Jetzt war der Bulli zu bullig. Und jetzt?
Den T5 hat VW mit ungezählten Facelifts und Änderungen bis zum T6.1 fortentwickelt. Nun aber geht es nicht mehr weiter, ist Schluss für den Transporter-Senior. Nach 21 Jahren folgt der nächste krasse Wechsel. Nicht etwa zum T7, diesen Begriff vermeidet VW. Sondern einfach zum neuen Transporter. Man käme ja sonst angesichts von den drei grundverschiedenen Baureihen ID. Buzz Cargo, Multivan und Transporter vielleicht durcheinander. Aus eins mach drei. Alle irgendwie Bulli und T7. Zumal im neuen Transporter noch etwas ganz anderes steckt als in den vielen Jahrzehnten zuvor: Seinen Kern bildet ausgerechnet der Erzrivale Ford Transit Custom. Ford hat die Basisentwicklung übernommen, Ford fertigt den VW, in der Türkei. „Nur so“, erläutert Vertriebsvorstand Lars Krause, „können wir ein wettbewerbsfähiges Fahrzeug darstellen.“ Der legendäre VW Transporter – nur noch ein Ableger von Ford?
Stopp. Bei der Verpackung setzt VW auf Eigenständigkeit, das wird trotz der Tarnung im Stil eines flächendeckenden QR-Codes deutlich. Wie verlautet, haben die Designer von VW und Ford die Entwürfe der jeweiligen Kollegen nicht einmal zu sehen bekommen. Der neue VW Transporter erhält ein lächelndes Gesicht, da schimmert ein wenig T5 durch. Auch seitlich setzt sich der VW von seinem zweieiigen Zwillingsbruder ab. Denn da ist sie wieder, die kerzengerade „umlaufende Bulli-Linie“, die Chefdesigner Albert Kirzinger für alle seine Transporter reklamiert. Die Rede ist von „typischer VW-Designsprache“. Und dann schraubt sich der Designer Kirzinger elegant in ungeahnte Kastenwagen-Höhen: „Die Ästhetik des Nutzens ist unser Mantra.“ Oha.
Kirzinger unterlegt die großen Worte indes mit Fakten. So ist die Frontpartie bei der bevorzugten weißen Lackierung durchgefärbt. Kirzinger spricht von „molding colour“. Gleiches ist bei den die schwarzen Ecksäulen hinten links und rechts der Fall. Leichte Schrammen im harten gewerblichen Einsatz sind somit kaum sichtbar. Stichwort Heck: Auf die markanten Abrisskanten von ID. Buzz und Multivan muss der neue Transporter verzichten. Im Unterschied zu ihnen trägt er dort Blech statt GfK, das setzt der Verformung Grenzen.
Bleiben wir bei den Fakten. Der neue VW Transporter wächst. Da wären Radstände von 3100 und 3500 Millimetern. Die Länge legt um146 auf 5050 Millimeter zu, in der großen Ausführung sind es 5450 Millimeter. Der Transporter ist mit 2032 Millimetern Breite fülliger. Und bleibt mit 1999 Millimetern nur haarfein unter der Zwei-Meter-Marke. Alles wie bei Ford, klar. Von den üppigeren Maßen profitiert unter anderem der Laderaum. Die VW-Angabe für das Volumen des kurzen Kastenwagens beträgt zwar unverändert 5,8 Kubikmeter. Sie klingt aber angesichts der üppigeren Maße des Frachtabteils deutlich realistischer. Zumal auch der wichtige Abstand zwischen den Radkästen erheblich auf 1392 Millimeter zulegte. Da flutscht die Palette quer einfach hindurch. Beim Transporter lang/hoch wächst der Frachtraum auf 9,0 Kubikmeter. Je nach Variante sind nun bis zu 1,3 Tonnen Zuladung und 2,8 Tonnen Anhängelast drin, ebenfalls mehr als zuvor. Wie die Dachlast mit 170 statt 150 Kilogramm.
Groß ist ebenfalls die Modellvielfalt des neuen VW Transporter. Da wären der Kastenwagen und der Kastenwagen Plus mit einer zweiten Sitzreihe sowie der Kombi. Alle in zwei Längen. Alle in beiden Größen auch mit Hochdach. Das hat Seltenheitswert – und findet sich auch nicht bei Ford. Hier wie dort gibt es jedoch optional eine L-förmige Trennwand. Das heißt: linkerhand langer Laderaum bis hinter den Fahrersitz, rechts eine zweite Sitzreihe. Neu für VW ist ebenfalls die Durchreiche unten in der Trennwand auf der Beifahrerseite für Langmaterial. Exklusiv liefert VW ein Fahrgestell mit Fahrerhaus, jetzt ausschließlich mit Doppelkabine. Ein Fall für Kommunen, für Bau- und Handwerksbetriebe. Mit Verzögerung folgt dann noch der gehobene Kombi namens Caravelle in drei Ausstattungslinien. Kein Wunder also, dass Vertriebsvorstand Lars Krause anmerkt: „Der Transporter ist unser Schweizer Messer.“
Der Bediener des vielseitigen Werkzeugs nimmt in einem komplett neu eingerichteten Cockpit Platz. Wobei der Blick hinüber zum Kollegen Transit Custom erneut eine identische Grundkonstruktion zeigt. Das betrifft den eigenwilligen Übergang vom Instrumentenbord zur Mittelkonsole mit großem Monitor ebenso wie die hochgelegte Starttaste und das außergewöhnlich tiefe Staufach rechts in der Armaturentafel – der Beifahrer-Airbag steckt nun in der Dachverkleidung. Verschwunden ist dagegen das „Zollstockfach“. Also die schlanke offene Ablage, einst für den VW Transporter erfunden. Das Lenkrad ist rund – das wäre nun wirklich nicht bemerkenswert, hätte das Steuer im Ford nicht eine fast quadratische Form. Hier wie dort gibt es richtige Tasten, jeweils markentypisch gestaltet.
Typisch VW sind auch die gut ablesbaren Digitalinstrumente. Ebenso die hauseigenen Darstellungen auf dem Monitor in Wagenmitte. Dessen Touchbedienung für die Klimatisierung unterscheidet sich ebenfalls ein wenig vom Kompagnon und verfügt über diverse Direktwahltasten, VW hat aus vielen Beschwerden über die verkorkste Toucherei in Caddy und Co. gelernt. Zugelegt hat die Ausstattung des Transporter. LED-Scheinwerfer und LED-Rückleuchten, elektronische Parkbremse, das digitale Kombi-Instrument und der große 13-Zoll-Monitor in der Mitte sowie das Multifunktionslenkrad – alles serienmäßig. Neue Extras gibt es ebenfalls, etwa Matrix-LED-Scheinwerfer oder einen digitalen Rückspiegel.
Unter der Motorhaube arbeiten weiterhin Zweiliter-TDI-Motoren. Sie stammen indes von Ford, für den VW Transporter eine Revolution. Die Spannweite reicht von 81 kW (110 PS) über 110 kW (150 PS) bis 125 kW (170 PS). Gekoppelt sind sie mit Sechsgang- oder Automatikgetriebe. Ford steuert auch einen Plug-in-Hybrid zu, ein bärenstarkes Ding mit 171 kW (233 PS) auf Benziner-Basis. Dieser Halbstromer kommt ein wenig später als die Diesel, gleiches gilt auch für die Vollelektriker. Auch sie haben ihren Ursprung bei Ford. Denn der MEB-Baukasten von VW – siehe ID. Buzz – passt nicht zu dieser Konstruktion. Elektromobilität heißt aber ebenfalls Heckantrieb: Die Leistungsvarianten belaufen sich auf 85 kW, 100 kW, 160 kW und sogar 210 kW. Strom liefern je nach Variante Batterien mit einer Nennkapazität von 54 kWh und 83 kWh.
Sowohl für die Verbrenner als auch die Elektriker sind Allradantriebe geplant. Aufgrund seiner Erfahrung übernimmt VW beim Diesel-4×4 die Führung. Beim E-Transporter wird der Allradantrieb über einen zweiten Motor vorn realisiert, auch da blitzt vermutlich VW-Know-how auf.
Beim Fahrwerk hat VW offensichtlich ebenfalls ein gehöriges Wort mitgeredet. Deshalb verfügen die Transporterzwillinge nun über eine schraubengefederte Schräglenker-Hinterachse – beim VW Transporter schon lange Stand der Dinge und daher auch ein Merkmal des neuen Transporter. Im Ford Transit Custom ist die Konstruktion neu, da gab’s bisher nur eine schlichte starre Blattfederachse. Und die Konstruktion hat sich bereits Orden verdient, siehe Test des Ford. Sollten das Fahrwerk oder der Fahrer dennoch an Grenzen stoßen, greift ein ganzes Rudel Assistenten ein, ihre Aufzählung sprengt Seiten.
Und jetzt heißt es Geduld haben. Zwar bietet VW den neuen Transporter in Deutschland bereits in mehrere Ausführungen im Vorverkauf an. Doch mit Auslieferungen ist laut VW nicht vor Ende 2024 zu rechnen. Der Preisaufschlag des Grundmodells beläuft sich laut Liste auf etwa zehn Prozent – die klassischen Bulli-Fans wissen, dass ein VW Transporter schon immer etwas teurer war.
Sie interessieren sich für Antrieb und Fahrverhalten des neuen VW? Hier ist der Test des Parallelmodells:
Experten-Test: neuer Ford Transit Custom
Und das kann der VW ID. Buzz:
Experten-Test: VW ID. Buzz Cargo



