Ford Transit Courier: pur statt Verschnitt – Experten-Test
Auf den Ford-Händlerplätzen ist was los: die klassischen Pkw-Formate fliegen raus, SUVs rollen herein und alles überragt die stolze Transporterflotte des Transit. Der kleinste dieser Modellfamilie, der 4,34 Meter lange Transit Courier, entpuppt sich als ganz schön groß. Ford Transit Courier – pur statt Verschnitt.
Transit Connect: ein Ableger des VW Caddy. Transit Custom: die Vorlage für den neuen VW Transporter. Ford pur, das sind der Größte und der Kleinste im Programm: der Transit und der Transit Courier. Der knuffige Kleine trägt die Nase hoch, sieht von draußen stämmig aus. Von drinnen blickt der Fahrer auf eine richtige Motorhaube. Weiter hinten ist die Führung der Schiebetür elegant verdeckt. Von der Luftführung im vorderen Stoßfänger bis zum Heckabschluss mit Abrisskante ist der Kastenwagen aerodynamisch optimiert.
Den Ladeboden bedeckt eine rutschfeste Matte, viel angenehmer als die gewohnten rutschig-harten Auskleidungen der großen Transit-Brüder. Für Langgut bietet Ford eine Katzenklappe in der Trennwand unter dem Beifahrersitz an. Ambitionierte Staplerfahrer zirkeln durchs Heckportal und zwischen den Radkästen hindurch eine Europalette quer. Theoretisch sogar zwei hintereinander. Aber hoch beladen dürfen die Ladungsträger dann wegen der ausgebuchteten Trennwand nicht sein. Dazu wird es angesichts von 600 Kilo Nutzlast für Fahrer und Fracht ohnehin kaum kommen. Sie drückt den Courier mit seiner Verbundlenkerachse tief in die Knie. Merke: Der Transit Courier fußt auf der Plattform des Kompakt-SUV Ford Puma.
Daher fährt sich der Transit Courier recht geschmeidig, ob leer oder beladen. Rumpelt ein wenig über kariöse Straßen. Benimmt sich generell recht gesittet, sicher und komfortabel. Das gilt ebenso für die gut abgestimmte, nicht zu leichtgängige Lenkung. Sie verhält sich nur bei schneller Fahrt etwas zickig, dann verlangt die Puma-Technik nach einem feinfühligen Dompteur.
Der nimmt im einem schlichten, aber nicht ärmlichen Cockpit Platz. Großgewachsene Fahrer wünschen sich eine Raste mehr Verstellweite des recht komfortablen Sitzes. Das angenehme Raumgefühl hängt mit der großen, weit vorgelagerten Windschutzscheibe zusammen. Auch die Sicht nach hinten durch die Außensüiegel lässt kaum zu wünschen übrige. Ablagen gibt es zuhauf, in unmittelbarer Nähe des Fachs für das Smartphone warten Steckdosen. Die Materialqualität von der Armaturentafel bis hin zur schlichten stählernen Trennwand ist dem Einsatz und auch dem Preis angemessen.
Weniger angenehm sind die verspielten Instrumente mit ihren Säulengrafiken. Sie stammen von den größeren Geschwistern und sind unübersichtlich (Tankuhr, Kühlmitteltemperatur) bis untauglich (Drehzahlmesser). Den Vogel schießt die Bedienung der Klimatisierung mit ihrer Menüseite im mittigen Touchscreen ab. Da wird die Temperaturverstellung während der Fahrt zum Glückspiel und es droht Kontrollverlust. Die angenehme Seite sind zahlreiche Feineinstellungen für Assistenten und Nebenfunktionen. Ansonsten pendelt der Ford zwischen Klassik und Moderne: Start per Tastendruck, aber herkömmliche Handbremse. Zeitgemäße LED-Scheinwerfer statt matter Halogen-Birnen gibt’s nicht mal gegen Aufpreis.
Zu den Überraschungen zählt die eher zart gebaute Maschine. Der gut bekannte Dreizylinder-Benziner gehört mit gerade mal einem Liter Hubraum nominell zu den Halbstarken. Indes verblüfft er durch Drehvermögen und Temperament. Sofern der Fahrer keine Angst vor hohen Drehzahlen kennt, und fleißig schaltet, das klappt leichtgängig und präzise. Der Motorsound pendelt bei derlei Touren zwischen Kühlschrank und Düsenjet, ist aber nie nervig laut.
In der Variante mit 92 kW (125 PS) zischt der Transit Courier temperamentvoll ab, macht erst bei 175 Sachen Halt. Er erreicht, das Tempo im fünften von sechs Gängen, ein Hinweis auf die Pkw-Gene. Im Sechsten ist in der Ebene bei 160 km/h Schluss, das genügt. Trotz hoher Tourenzahlen schnellt der Spritverbrauch nicht unangemessen in die Höhe. Auf der anspruchsvollen Teststrecke mit Vollgasanteil schluckte der vollgepackte Ford im Schnitt 7,9 Liter/100 km. Die Spanne reichte von 6,4 Litern auf der Kurzstrecke bis zu 12,1 Litern in vollem Galopp im sechsten Gang. Bei wenig Beladung spielt sich alles einen Liter drunter ab.
Zur Ausstattung zählen die inzwischen gewohnten Assistenten. Mit unterschiedlicher Leistungsgüte wie im richtigen Leben. So liest der Verkehrszeichenassistent mitunter heckseitige Tempo-Aufkleber auswärtiger Lkw ab und fordert dann auf freier Strecke Maximaltempo 90 km/h. Andere Helfer wie Spur- und Abstandswarner verhalten sich so souverän wie gewünscht. Und der Preis? Bei netto 18 550 Euro geht’s los. Das ist ein Wort. Ford Transit Courier – pur statt Verschnitt.
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